Mareikes Traum

Kapitel 1 – Eine fantastische Zeit

„Nicht so schnell Anna.“ rief ich, und versuchte mit meiner Schwester Schritt zu halten, was mir – mal wieder – nicht sonderlich gut gelang. Leider.

 

„Na toll Micki.“ dachte ich mir, nahm mein iPhone zur Hand und aktivierte die Selfie-Videoaufnahme: 

„Wie so oft bin ich wieder bei meiner Tante Julia und meinem Onkel Christopher zu Besuch. Was durch die geringe Entfernung unserer beiden Elternhäuser auch nicht anders zu erwarten ist. Ok, genau genommen ist Anna meine Cousine, aber da wir uns ohnehin im Grunde jeden Tag sehen, haben wir das mittlerweile selbst schon so gut wie vergessen. Wobei, wer bitte vergisst schon seine riesige Verwandtschaft? -- Meine „Schwester“ ist die zweitjüngste Tochter und hat – Achtung gut festhalten! - noch weitere 11! Geschwister oder sind das ihre Cousinen und Cousins? Ich selbst seh da schon länger nicht mehr durch. Sie wiederum scheint aber nicht nur die Namen, sondern auch alle Geburtstage genau zu kennen – und das dann auch noch in der richtigen Reihenfolge. Wie geht das denn bitte? Ok, andererseits, wenn ich so darüber nachdachte, was sie so alles erfunden hat, dann…“

 

„Hey Schwesterchen, was machst du denn da?“ Ich schreckte auf und fuhr herum. „Ich zeichne all unsere tollen Abenteuer für die Nachwelt auf.“ - „Ja klar Micki." sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln. "Hast du vielleicht meine Schuhe gesehen?“ - - “Wozu brauchst du die denn – im Pool! ?“ fragte ich und begann breit zu grinsen. „Erde an Micki, nix baden, morgen ist Nikolaus!“ - „Na dann bekommst du eben wieder ein paar tolle Socken.“- grinste ich sie weiter an. „Haha, sehr komisch.“ meinte sie, wurde dann aber plötzlich ruhig. „Was ist jetzt wieder los?“ sah ich sie fragend an, stellte mein iPhone quer auf das Fensterbrett und vergaß völlig, dass ich damit bis eben noch ein Video aufgenommen hatte.

 

„Bekomme ich eigentlich neue Schuhe, wenn ich einfach meine Socken raus lege?“ fragte sie direkt heraus. - Ich stockte, verzog nachdenklich mein Gesicht, begann dann aber erneut unglaublich breit zu grinsen, was recht schnell in ein lautes Lachen überging. „Dann nimm doch einfach wieder meine Stiefel. Aber hey, versuchen kannst du es ja auch mit deinem Trick. Denn wer nicht beginnt, der nicht gewinnt, oder so. Aber Moment mal, seit wann hast du denn nur noch ein Paar?“ - „Die Dinger kosten einfach zu viel und anziehen kann ich sowieso immer nur ein Paar. Außerdem brauchte ich Geld für ein neues Notebook.“ meinte sie. - „Ja ne, is klar Ann – Was ist denn mit deinem anderen?“ - „Den kannst du bekommen, wenn du willst.“ - „Was? Wie jetzt? Ist das dein Ernst?“ wunderte ich mich. Sie war doch sonst nicht so. „Moment mal, du ziehst doch nicht etwa von hier weg?“ - „Was? Nein! Also naja.“ - „Anna!“ - „Nein, schon gut. Ich gehe ganz bestimmt nicht weg. Ich brauche ihn für meinen neuen Job.“ Jetzt war ich baff und blickte sie nachdenklich an: "Meine Schwester hat’s geschafft? Und interessiert sich obendrein auch nicht mehr für ihre Füße? Wobei, am Ende…" - „nehme ich einfach wieder deine Schuhe.“ beendete sie meinen gedachten Satz, als könnte sie meine Gedanken lesen. Das war manchmal schon etwas gruslig, passierte uns aber sehr oft. - "Meine Schuhe benutzen? War ja klar. Stimmte aber." dachte ich mir.

 

„Hey ihr beiden? Warum seit ihr denn nicht im Pool?“ - Wir blickten auf und sahen Chris auf uns zukommen. „Geschwistergeheimnis.“ kommentierte Ann. - „Erzählt ihr mir’s trotzdem?“ fragte Chris, worauf ich nun innerlich schmunzeln musste und mir mit einem Blick zu Ann dachte: „Der ist ja süß.“ - Doch er kam erst gar nicht dazu, uns weiter zu Löchern, da plötzlich Juli die Balkontür öffnete und lächelnd an uns allen vorbei lief, während sie sagte: „Ach komm Chris, dann haben wir eben mehr wunderbar warmes Wasser für uns.“ - Chris verdrehte seine Augen, folgt ihr dann aber Richtung Pool. Mitten im Gehen wandte er sich jedoch nochmals um und bemerkte laut: „Ich bekomme es schon noch heraus.“. Worauf er allerdings nur ein „Träum weiter.“ von uns bekam.

 

Apropos träumen: Der Pool war wie das gesamte Anwesen hier einfach fantastisch. Von unserem Haus konnte man über die Terrasse und dem dahinter liegenden Pool samt großer Wiese auf die gegenüberliegende Bergkette und in das dazwischen befindliche Tal blicken. Ann und ich machte es uns auf zwei Liegestühlen bequem und genossen den Tag. Das war schon verrückt: Ausgerechnet einen Tag vor Nikolaus schien es, als wären wir gerade in den Sommer gestartet. „Am 5. Dezember, 27 Grad und Sonne satt? So gesehen könnte ich dir auch meine Sandalen für morgen ausleihen.“ meinte ich. - „Na toll und die Füllung frisst dann der Hund oder was?“ brummte Ann. Nun war es an mir, mit meinem Augen zu rollen. Aber wo sie nun mal recht hatte… Charlie liebte eben dummerweise auch Schokolade. Juli und Chris hatten derweil einige Runden im Wasser gedreht und legten sich nun auf die Wasser-Luft-Sprudler, wovon sie jetzt mit uns ins Tal blickten. Das Leben war einfach großartig!